Der eierlegende Wollmilchantrieb

Elektromechanische Weichenantriebe gibt es wie Sand am Meer. Das Angebot reicht von einfachen Spulenantrieben über Getriebemotoren bis hin zu Servos. Jedes Prinzip hat Vor- und Nachteile.

  • Spulenantriebe sind einfach, brauchen aber viel Strom und führen zu einer sehr kurzen und lauten Stellbewegung.
  • Getriebemotoren (Z.B. von Conrad oder MTB) sind mechanisch aufwendiger, erfordern allerdings keine zusätzliche Elektronik. Sie sind zwar leise mit einer vorbildgetreu langsamen Stellbewegung, besitzen aber außer einem Umschalter (z.B. für das Herzstück) meist keine weiteren Funktionen.
  • Servomotoren können auf verschiedene Weise eingesetzt werden, z.B. um die Stellschwelle direkt zu bewegen, erfordern aber in jedem Fall Elektronik, um das Pulsweitensignal für den Motor zu erzeugen. Darin kann dann auch Stellweg und -Geschwindigkeit eingestellt werden.
    Es gibt verschiedene Halterungen, in denen ein Servo die Weiche und ggf. auch eine Weichenlaterne und/oder einen Schalter bewegt.

In der Baugröße N ist die Auswahl nicht ganz so groß, da der Platz insbesondere in Weichenstraßen begrenzt ist. Außerdem hatte ich einige Anforderungen:

  1. Vorbildgetreu langsame Stellbewegung
  2. Drehung der zugehörigen Weichenlaterne (wenn möglich auch beleuchtbar)
  3. mindestens zwei Umschalter, einen für das Herzstück, einen weiteren, um z.B. das dahinterliegende Abstellgleis abzuschalten
  4. möglichen Rechts -und Linkseinbau
  5. kleiner Footprint, um den Einbau in Parallelgleisen und z.B. auch unter Pecos Dreiwegeweiche zu ermöglichen
  6. kompakter mechanischer Aufbau ohne weitere zu justierende Elemente
  7. optional die Möglichkeit, auf der gegenüberliegenden Seite eine zweite Laterne zu drehen (z.B.für eine alleinstehende Gleissperre)

Einige Versuche mit handelsüblichen Antrieben, ggf. auch unter Zuhilfenahme zusätzlicher Anbauten, deuteten klar auf eine Eigenentwicklung hin. Glücklicherweise konnte ich auf einen erfahrenen 3D-Druck-Experten zurückgreifen, so dass keine größeren konstruktiven Einschränkungen zu beachten waren.

Mechanische Umsetzung

Die Anforderungen lassen sich am einfachsten mit einem Servomotor erfüllen. Dieser könnte über das Stellhorn die Weiche zwar direkt bewegen, für die weiteren Stellaufgaben ist aber zusätzliche Mechanik erforderlich. Am einfachsten bewegt der Motor über einen Exzenter einen Schieber, der seinerseits Laterne und Schalter bedient und in dem auch der Stelldraht für die Weiche sitzt.

Weichenlaterne und Weichenzungen

Die Weichenlaterne muss eine 90-Grad Drehung vollführen, während die Stellschwelle sich bewegt. Idealerweise ist diese Drehung unabhängig vom tatsächlichen Stellweg der Weiche, um diesen einstellen zu können. Wir brauchen also ein Getriebe, das nur kurzzeitig koppelt und davor und danach frei läuft. Dies erfüllt die nebenstehende Anordnung:

Nahe der Mittelstellung des Schiebers greift der Zapfen in die Bohrung des Laternenhebels und dreht diesen um ±45°. Ist die Endstellung der Laterne erreicht (unten, nach ca 1,5mm), verlässt der Zapfen die Bohrung und bewegt sich weiter entlang des Arms, ohne die Laterne weiter zu drehen und hält sie dabei gleichzeitig in der Position.

Die Weichenzungen werden über einen Federdraht bewegt, der in einer der Bohrungen im Schieber steckt. Deren Auswahl ist abhängig von der Art der Weiche (Peco hat z.B. das Loch in der Stellschwelle außerhalb der Schienen, andere in der Mitte) und der Einbausituation (Abstand der Laterne).

Der erforderliche Stellweg des Schiebers wird beeinflusst vom Stellweg der Zungen, der Steifigkeit des Stelldrahtes und dessen Länge (ergibt sich aus der Dicke des Unterbaus). Maximal sind hier 7mm möglich.
Der tatsächliche Stellweg wird über die Ansteuerungssoftware eingestellt, alternativ kann auch der Exzenter ausgetauscht werden.

Umschalter

An das Antriebsgehäuse können bis zu zwei Mikroschalter befestigt werden, deren lange, federnde Schalthebel von einem Zapfen am Schieber (rot) gegensinnig bewegt werden. Abhängig vom tatsächlichen Stellweg des Schiebers müssen diese in den Befestigungslöchern entsprechend justiert werden, so dass sie etwa in der Mitte des Stellweges umschalten.
In einem konkreten Fall musste sogar ein dritter Schalter angebracht werden, dazu war der Zapfen am Schieber etwas zu verlängern.

Rechts- und Linkseinbau

Beim Einbau des Antriebs ist zu berücksichtigen, dass beim Vorbild

  1. die Weichenlaterne üblicherweise an der Schwelle hinter dem Antriebsgestänge (zum Herzstück hin) angebracht wird
  2. die Weichenlaterne entgegen der Zungenbewegung dreht

Daher reicht es nicht, den Antrieb einfach umzudrehen. Vielmehr muss die Öffnung des Laternenhebels immer zum Herzstück hin zeigen. Dazu kann der Schieber umgedreht werden, so dass der Zapfen von der anderen Seite in den Laternenhebel eingreift. Der Stelldraht (roter Punkt) muss dann auch entsprechend umgesetzt werden.

Mit 27x33mm ist der Antrieb klein genug, so dass zwei Antriebe - einer rechtsherum, einer linksherum - unter einer Peco-Dreiwegeweiche mit Stellschwellenabstand 29mm angebracht werden können.

Laternenbeleuchtung

Um die Weichenlaterne beleuchten zu können, gibt es zwei Möglichkeiten: Einbau einer entsprechend kleinen LED in die Laterne oder Einbau der LED in den Antrieb und ein Lichtleiter zur Laterne. In beiden Fällen muss etwas - entweder Strom oder Licht - vom Antrieb in die Laterne geführt werden. Dazu hat der Laternenhebel eine durchgehende Bohrung, in die ein Messingröhrchen von 1mm Außendurchmesser gesteckt werden kann.

Um alles im Antrieb zu behalten und bewegte Drähte zu vermeiden, die mit der Zeit brechen können, wurde die Lösung mit Lichtleiter gewählt. Dazu sitzt im Antrieb eine kleine Platine mit einer SMD-LED, die von unten in die Bohrung des Laternenhebels leuchtet. Für eine möglichst hohe Lichtausbeute sollte der Lichtleiter dann durch Messingrohr und Laternenhebel bis fast auf diese LED heruntergeführt werden.

Beidseitige Laterne

Für ein bis zwei Anwendungsfälle wird ein Antrieb benötigt, der auf der gegenüberliegenden Seite des Gleises eine zweite Laterne betätigt. Dazu wurde eine vereinfachte Version des Antriebs ohne Motor und Schalter entwickelt, die an den normalen Antrieb angesetzt werden kann. Über Kunststoffstreifen als Zwischenlagen kann der Laternenabstand an die Gegebenheiten angepasst werden.

Diese Variante findet hier bei einer unabhängigen Gleissperre Verwendung.

Damit waren die Anforderungen erfüllt. Allerdings braucht ein Servomotor auch noch eine geeignete Ansteuerung. Doch das steht auf einem anderen Blatt.